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Der Text auf dieser Seite erschien im Original auf Französisch unter www.eautarcie.com: 2003
Übersetzung und Anpassung des französischen Originaltextes ins Deutsche durch Séverine Felt. Erste Veröffentlichung dieser Seite auf www.eautarcie.org: 2011-06-21
Letzte Aktualisierung: 2017-01-07
Viele Umweltschützer sehen in der Verwendung einer Trockentoilette einen Ausdruck von hohem Umweltbewusstsein. Dieser Einschätzung ist grundsätzlich zuzustimmen, wenngleich das ein oder andere oftmals vertretene Argument im Detail nicht ganz richtig ist.
Die Befürwortung der Trockentoiletten stützt sich auf zwei Hauptideen:
1) die durch herkömmliche W.-C. verursachte Umweltverschmutzung
2) die Verschwendung von Trinkwasser als Spülwasser.
Ohne die Relevanz dieser Argumenten leugnen zu wollen, ist es jedoch klar, dass dies tatsächlich nur zwei kleine Aspekte eines viel allgemeineren Problems sind, welches die Grundlagen einer nachhaltigen Bewirtschaftung der Wasserressourcen in der Welt betrifft.
Das wird von den Befürwortern der Trockentoiletten oftmals übersehen.
Die in den Entwicklungsländer aktiven NGOs machen manchmal eher unbeabsichtigt „Werbung“ für der Toiletten mit Spülung, indem sie diese als „Schutzengel der Gesundheit“ bezeichnen. Die Einrichtung von extrem umweltverschmutzenden Latrinen wird als Überbrückung bis zur Errichtung klassischer W.-C. präsentiert, mit zugehöriger Schwemmkanalisation und Kläranlage. Die nachhaltige Lösungen sieht ganz anders aus.
Während meiner zahlreichen Gespräche mit Herstellern und Entwicklern von kommerziellen Trockentoiletten habe ich gemerkt, wie stark die beiden oben erwähnten Ideen ein ernsthaftes Hindernis für die Ausweitung dieser Toilettenart war und noch immer ist. „Die Hölle ist mit guten Vorsätzen gepflastert“ heisst es da treffend.
Die Hindernisse sind auf mehreren Ebenen angesiedelt:
Zusammenfassend sind die Toiletten im Handel für die breite Öffentlichkeit recht komfortabel, aber zu kostspielig. Ihre Ökobilanz ist fraglich. Den Verfechtern der Mischkanalisation stehen immer noch eine glänzende Zukunft voraus, bevor der verursachte ökologische Schlamassel voll bewusst werden wird. Es ist traurig festzustellen, dass sie mit ihrer fehlenden wissenschaftlichen Ehrlichkeit die Totengräber der Trockentoiletten sind.
In Gesprächen mit den Designern und Verkäufern von Trockentoiletten stoße ich oftmals auf taube Ohren. Selbst im Angesicht analytischer Tatsachen klammern sie sich an wissenschaftlich überholte, ja sogar schädliche Lösungen. Da ist es mir lieber, den akademisch- ausgebildeten Techniker der Sanitärindustrie gegenüber zu stehen, die am Ende die Gültigkeit meiner Argumentation zugibt. Man versteht sich besser unter Wissenschaftlern, auch wenn man nicht auf der gleichen Seite steht. Wenn diese Kollegen alle wissenschaftlichen Argumente erschöpft haben, wird das oberste Argument der legislativen Anforderungen an Abwasserreinigung und Klärung vorgebracht. Mit Umweltschützer hingegen, zumindest denjenigen, die über die herkömmlichen Lösungen nicht hinausgehen wollen, wird die Diskussion schnell sauer, da sie meistens emotional argumentieren.
Eines Tages behauptete ein dänische Designer von Trockentoiletten in einem öffentlichen Vortrag vor Brüsseler Architekten, dass „Tiere in der Natur nicht unbedingt an der gleichen Stelle defäkieren und urinieren“. Es sei, so die Schlußfolgerung, daher ganz „natürlich“, Urin und Stuhl zu trennen. Diese Begründung mangelt an wissenschaftlichen Daten.
Es wäre besser, offen zu sagen, dass man beides wegen technischem Komfort trennt: um mehr Abstand zwischen den nötigen Handhabungen der Toiletten zu ermöglichen. Der Urin, der in einem separaten Tank einfach zu speichern ist, macht 90% der Masse unserer Exkrementen aus. Der getrocknete Stuhl belegt demgegenüber nur wenig Platz. Wird der Urin aus der Toilette durch einen einfachen Abfluß abgeleitet, kann die Entfernung von dem wenigen bleibenden festen Material mehrere Monate warten. Mit diesem Trick kommt die Verwendung von Trockentoilette der eines W.-C. gleich vor. Der Gast/Benutzer sieht praktisch keinen Unterschied.
Neue Technologien kommen zu Hilfe: das Becken wird mit einem Silikon-Überzug beschichtet, auf dem Flüßigkeiten nicht hängen beleiben und der Urin runterläuft, ohne eine Spur zu hinterlassen. Das Ziel von den Herstellern ist erreicht: unsere Fäkalien werden aus unseren Augen abgeführt. Wir können weiterhin das Entsorgungsproblem ignorieren.
Interne Kompostierung in einem Tank unter der Toilette erfolgt immer aus der Sorge, so weit wie möglich, die Auseinandersetzung mit unseren Ausscheidungen zu vermeiden. Leider ist es in einem Tank oder einer Grube nicht möglich, die für eine gute Kompostierung notwendige aeroben Bedingungen zu erzielen. Richtige Kompostierung findet direkt auf dem Erdboden statt, in Symbiose mit Flora und Fauna, die am und im Boden leben.
In den Tanks entzieht die unvermeidliche anaeroben Fermentation dem Prozess der Humusbildung den notwendigen Stickstoff. Auch viel von dem Kohlenstoff wird entzogen, wohingegen schädliches Nitrat und Ammonium freigesetzt wird.
Leider ist der Preis für diese intellektuelle Behaglichkeit sowohl technisch, als auch finanziell und für die Umwelt eher hoch.
Technisch gesehen entsteht bei der Urintrennung sofort ein Geruchsproblem, das komplexe und teure Lösungen erfordert. Wie die Biokontrollierte-Streu-Toilette (BST) zeigt, liegt der Schlüssel zur einfachen Geruchkontrolle ausgerechnet in der Zusammenlegung von Urin, Fäkalien und Streu. Werden alle drei getrennt, entstehen Gerüche. Um es abzuleiten wird dann ein Rohrsystem mit Zwangsbeluftung benötigt. Eine klassische Trockentoilette wie das Clivus Multrum [3] nimmt den Platz eines Zimmers in einer Wohnung ein, von der Durchborung des Bodens, der Decke und des Daches ganz zu schweigen. Ein Stromausfall und schon hört das Belüftungssystem auf zu belüften, das rund um die Uhr laufen soll: es entstehen Gerüche und ... Fliege.
Eine solche Einrichtung, die um die 5 000 € kostet (plus den verlorenen Wohnraum im Haus) und ungefähr 100 bis 200 € Strom im Jahr, setzt schon eine starke Motivation voraus. Würde der Benutzer die Bilanz seiner Toilette auf die Umwelt ehrlich prüfen, würde er die klassische W.-C.-Lösung mit einem guten Klärsystem bevorzugen.
Fast alle Trockentoiletten im Handel funktionieren nach dem gleichen Prinzip [4]. Beim Nachschlagen der bunten Katalogen mit diesen Toiletten fällt das Schweigen über das Schicksal des Urins auf. Am schockierendsten ist allerdings, dass als Produkt „Kompost“ genannt wird, der aber in Wahrheit nichts anderes ist als getrockneter Stuhl. Sobald der Urin weggetrennt wird, ist die Kompostierung der Feststoffe grundsätzlich problematisch. Werden diese Feststoffe mit Torf gemischt, entsteht im besten Fall eine Reifung durch Abtrocknen, aber auf gar kein Fall bildet sich dabei Humus.
Nicht nur Designer und Verkäufer von Trockentoiletten verkennen die Natur des Humus. In meinen Gesprächen mit Technikern in der Sanitärtechnik bin ich oft über den Umfang ihrer Unkenntnis über Bodenkunde (Boden-Studien) verblüfft, und das um so mehr, da diese Kenntnisse zentral und entscheidend sind, will man die Auswirkungen der Klärung auf die Umwelt beurteilen. Neulich wunderte sich einer diesen Techniker über meine Vorbehalte gegenüber der landwirtschaftlichen Verwertung von Klärschlamm. Ihm zufolge enthält solcher Klärschlamm organische Materie, die dem Humus ähnlich sei.So lande der von Fäkalwasser entnommene Stickstoff mit dem Klärschlamm auf dem Boden als Humus. Die kollektive Klärung sei daher ein Faktor der Aufrechterhaltung der Fruchtbarkeit unserer landwirtschaftlichen Flächen. Selbst wenn man von den im Klärschlamm enthaltenen Schwermetallen absieht, ist es leicht zu zeigen, dass diese Argumentation völlig falsch ist. Leider werden solche wissenschaftlich unhaltbare Ideen auch von gutwilligen Umweltschützer oder von Trockentoiletten-Verkäufer verbreitet. Die Verbreitung dieser Ideen träg lediglich zu einem weit verbreiteten Unbewusstsein gegenüber der Umweltverschmutzung, die durch die heute gesetzlich vorgeschriebene Abwasserreinigung entsteht bei.
Urin wird in einem Tank aufgefangen, wo durch die Einwirkung eines im Urin stets vorhandenen Enzyms [5] organischer Stickstoff schnell in Ammonium-Ionen umgewandelt wird. Dies erklärt den Geruch von Ammoniak (NH3) , den Urin annimmt, wenn er ein paar Stunden in einem Nachttopf bleibt. Da etwa 80% des ausgeschiedenen organischen Stickstoffs über den Urin ausgeschieden wird, kann man die Bedeutung von Urin für die aufnehmende Umwelt besser einschätzen.
Eigentlich kann in der Natur Stickstoff in der Ammonium-Form nur oxidieren. So bilden sich besonders toxische Nitrit-Ionen (NO2–), die dann in Nitraten oxidieren (NO3–). Der im Toilettetank gespeicherter Urin wird ein Ammoniumkonzentrat, das Nitrit-Ionen und Nitrate enthält. Hersteller von Trockentoiletten empfehlen, das getankte Urin 8-fach verdünnt für die Bewässerung von Pflanzen zu benutzen.
Nach der Zugabe von acht Teilen Wasserfragt man sich, was aus der Einsparung von Wasser, die die Installation rechtfertigte, geworden ist. Aber das eigentliche Problem liegt in dem Perkolationsprozess (= Sickerlaugungsprozess) und der Oxidationdes in der Flüssigkeit enthaltenen Ammoniaks.
In der Ammonium-Form (NO4+) dringt Stickstoff noch leichter und schneller [6] in das Grundwasser ein als in der Nitrite-Form, und stellt eine besonders schädliche Umweltverschmutzung dar. Die auf die Pflanzen ausgebrachte Flüssigkeit enthält Ammonium-Ionen, die zu Nitraten oxidieren.
Diese haben zweifellos eine Düngungskraft und wirken wie ein chemische Dünger, aber in einer schädlichen Weise, da sie unter anderem sehr toxische Nitrit-Ionen (NO2–) enthalten.
Zu behaupten, dass gespeicherter und verdünnter Urin ohne Schaden für den Garten benutzt werden kann, ist eine Position, die nur durch die komplette Unkenntnis der physisch-chemischen Prozesse, die im gelagerten Urin und im Bodenleben stattfinden, erklärt werden kann.
Zusammenfassend kann man sagen, dass die Anwendung von Urin im Garten dem Düngen mit Gülle ähnelt. Um so mehr, wenn zudem getrockneter Stuhl auch noch dort landet. Normalerweise unterliegt diese Art der Ausbringung den gleichen Vorschriften wie Gülle. Die Menge an Stickstoff (N), die in Form von Gülle aufgebracht werden darf, darf 200 kg pro Hektar und Jahr nicht überschreiten (in Europa). Um die in Urin und Stuhl jährlich pro Person anfallenden 10 kg Stickstoff auszubreiten, wäre ein 5 Ar grosser Garten (500 m²) notwendig. Eine 4-köpfige Familie sollte also über einen Garten von 20 Ars (2000 m²) verfügen. Unterhalb dieses Wertes werden die Normen zwangsläufig überschritten.
Wir haben über die Verdünnung des Urins für eine Verwendung im Garten gesehen, dass die Wasserersparnis geringer als erwartet fällt. Diese Idee führt zu einer weiteren, noch gravierenderen Vorstellung: der Hauptzweck der Trockentoilette sei es, die Wasserverschmutzung zu vermeiden. Ohne diesen Aspekt zu leugnen, muss klar gestellt werden, dass im Garten verteilter Urin unser Trinkwasser mehr verschmutzt als die herkömmliche Fäkalwasserklärung. Die weiterer Irrtum ist es zu glauben, dass eine richtige Klärung von Fäkalwasser, die durch Spültoiletten verursachte Schäden wieder gutmachen kann. Es muß betont werden: es gibt keine Möglichkeit, Schwarzwasser zu reinigen. Dies ist ohne Zweifel der Irrglaube mit den schwerwiegendsten Folgen. Dies führt Umweltschützer zu pflanzlicher Wasserklärung. Der Schaden erfolgt sobald Fäkalien ins Wasser abgeleitet werden, und dieser Schaden ist irreversibel [7].
Unterm Strich
Nach dieser Analyse kann sich der Leser mit Recht fragen, was zu tun ist, wenn die Benutzung von W.-C. nicht ratsam und der Einsatz von Trockentoiletten im Handel genauso schädlich ist.
Zur Beantwortung dieser Frage müssen wir:
Das Grundgesetz |
Jedes Kilogramm pflanzliche und tierische Biomasse, das nicht in den Prozess der Bodenbildung zurückgeführt wird, schwächt die Produktionsfähigkeit des Ökosystems und wird eine Verschmutzungsbedrohung für das Wasser und/oder die Luft. Das Ergebnis ist immer eine erhebliche Störung der natürlichen Zyklen, wie dem Stickstoffzyklus, dem Phosphorzyklus, dem Kohlenstoffzyklus und dem Wasserzyklus. |
pflanzliche Biomasse | tierische Biomasse |
Holz, Laub, Stroh, Stängel, Blätter, Kämme, etc. | Überreste von Tierleichen, tierische und menschliche Ausscheidungen. |
Reich an Kohlenstoff, arm an Stickstoff. | Reich an Stickstoff, arm an Kohlenstoff. |
Hohes Kohlenstoff/Stickstoff Verhältnis (C/N): bis zu 300. | Niedriges Kohlenstoff/Stickstoff Verhältnis (C/N): um 7. |
Ohne die richtige Kombination dieser beiden Arten von Biomasse und deren Einführung in den Prozess der Bodenbildung, gibt es weder nachhaltige Wasserverwaltung noch nachhaltige Nahrungsmittelproduktion.
Im Gegenteil: die Mobilisierung und Einbeziehung aller verfügbaren Biomasse in den Prozess der Bodenbildung würde, ohne erhebliches Kapital und in weniger als zwei Generationen, die Welt von ihrer Wasser- und Nahrungsprobleme befreien.
Wenn wir die Ursachen aller Wasser-Probleme in der Welt untersuchen, entdecken wir die grundlegend unrichtige Entscheidungen in Bezug auf die Verwaltung von Biomasse.
Die massive Zerstörung von Biomasse unter dem Deckmantel der „energetischen Verwertung“ oder der „Klärung“ treibt die Biosphäre immer weiter ins Ungleichgewicht. Auch ein nicht unbedeutender Teil des Treibhauseffekts kommt von einer falschen Handhabung von Biomasse.
Menschliche fäkale Biomasse ist weit weg davon, eine unbedeutende Menge darzustellen. Der Stickstoff in den Ausscheidungen der Menschheit bringt 40% des Stickstoffs auf, der weltweit in der Landwirtschaft eingesetzt wird. Im Tierreich (Großtiere), steht der Mensch mit seiner Biomasse an der zweiten Stelle nach Rind und Schwein. Bei Betrachtung der nachhaltigen Verwaltung der Biosphäre ist die massive Zerstörung der menschlichen Ausscheidungen unter Vorwand der Klärung eine Art kollektiver Selbstmord. In diesem Sinne ist das Prinzip der Klärung von Fäkalwasser, unabhängig vom verwendeten System, unvereinbar mit dem Konzept der nachhaltigen Entwicklung [8].
Diese Idee wird besser verständlich durch das Lesen des Absatzes über die Bedeutung des Humus im Abschnitt über die Elemente der ökologischen Abwasserreinigung..
Um den Anforderungen der Naturgesetze zu erfüllen muss eine technische Lösung gefunden werden, die unsere Ausscheidungen zusammen mit pflanzlicher Biomasse in den Kreislauf der Humusbildung führt. Die Biokontrollierte-Streu-Toilette (BST) ist eine mögliche Antwort auf diese Anforderung.
Kurz gefragt, was sollen wir denn an unserer Beziehung zu unseren Ausscheidungen ändern ? Es muss ein für alle Mal anerkannt werden, dass unsere Ausscheidungen keine Abfälle zum entsorgen sind, sondern integraler Bestandteil des Ökosystems sind, das das Leben um uns herum ermöglicht. Unsere Nahrung kommt aus der Erde, unsere Exkremente müssen zu ihr zurück. Um keine irreparablen Fehler zu begehen, müssen diese Prozesse besser bekannt sein.
Zu diesem Thema lesen Sie das nächste Kapitel Unsere Beziehung zu unseren Exkrementen.